Fast alles Baumaterial wieder verfügbar – Preise bleiben hoch

Der ganz große Baustoffmangel scheint vorüber. Handwerksbranchen sprechen immer seltener von Lieferschwierigkeiten. Doch einzelne Baumaterialien machen weiterhin Probleme. Das kann nach wie vor ganze Baustellen zum Erliegen bringen. Branchenvertreter und Handwerker berichten aus der Praxis.

Vor knapp einem Jahr überschlugen sich die Meldungen zu den Lieferengpässen bei Baumaterialien und dem Mangel an Baustoffen. Betriebe des Bau- und Ausbaugewerbes berichteten von leeren Regalen im Baustoffgroßhandel und sprunghaft steigenden Preisen. Vor allem Dämmmaterialien, aber auch Holz, Farben oder Metalle waren kaum noch zu bekommen. Nun stehen die Zeichen auf Entspannung – zumindest was viele Verfügbarkeiten betrifft. Die Situation bei den Preisen bleibt allerdings angespannt.

Preisanstiege verlangsamen sich beim Baumaterialetten

So meldet der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), dass die Lieferbarkeit bei den meisten Baustoffen aktuell nicht mehr das Problem sei. „Sondern eher der Preis“, so ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa im Gespräch mit der DHZ. Vor allem Baustoffe wie Ziegel und Steine, die viel Energie bei der Herstellung benötigen, hätten sich stark verteuert. Dennoch fügt Pakleppa einen Hoffnungsschimmer hinzu. Denn der Zenit ist seiner Ansicht nach überschritten. Das zeigen auch folgende Zahlen:

  • Die Baustoffpreise bewegen sich laut des Statistischen Bundesamtes zwar weiter auf historisch hohem Niveau. Für alle gewerblichen Produkte lagen die Erzeugerpreise im November vergangenen Jahres 28,2 Prozent über dem Vorjahreswert. Doch der Preisanstieg verlangsamte sich immerhin zum zweiten Mal in Folge. Er lag im Oktober noch bei einem Anstieg von 34,5 Prozent, im September sogar bei 45,8 Prozent.
  • Auch der Index für Bitumen und Dieselkraftstoff geht weiter zurück. Beide folgen dem sinkenden Erdölpreis. Nur die erdölbasierten Kunststoffe zeigen bislang noch keine Abwärtsbewegung aufgrund dieser Entwicklung, sondern bleiben konstant.
  • Der Index für Betonstahl ist auf das Niveau aus dem zweiten Halbjahr 2021 abgesunken und hat damit den Peak aus dem Frühjahr 2022 egalisiert.
  • Die Preise für Holz haben weiter etwas nachgegeben, liegen in der historischen Perspektive aber immer noch ca. 35 Indexpunkte über dem Niveau von 2018/2019.
  • Gegenüber dem Vormonat Oktober 2022 sanken die Erzeugerpreise im November 2022 um 3,9 Prozent. Das war der zweite deutliche Rückgang im Vormonatsvergleich in Folge (– 4,2 Prozent im Oktober 2022 gegenüber September 2022).
  • Die energieintensiven mineralischen Baustoffe zeigen zumindest keinen weiteren Preisanstieg, sondern behalten das hohe Niveau

Preistreiber bleiben vor allem die Energiekosten

Der ZDB geht aber davon aus, dass die ausgehandelten Energie- und Gaspreisbremsen marktberuhigend wirken werden. Insgesamt rechnet die Bauwirtschaft mit einer weiteren Verbesserung der Lage. Felix Pakleppa fasst die aktuelle Situation wie folgt zusammen: „Grundsätzlich sind die meisten Baustoffe gut lieferbar. Das Problem ist und bleibt das Preisniveau. Da sich der Gaspreis auf dem Weltmarkt zunehmend normalisiert, spricht vieles dafür, dass sich die Preise energieintensiver Baustoffe auch hierzulande weiter stabilisieren werden. Wir sind verhalten optimistisch.“

Alle Baumaterialien wieder verfügbar oder einzelne Engpässe?

Ähnliche Prognosen kamen Anfang Januar vom Münchner ifo-Institut. So meldete es kürzlich, dass die Industrie deutlich weniger mit Materialengpässen zu kämpfen hat. Das schlägt sich auch im Baugewerbe nieder. Zwar berichtet aktuell nach Angabe der Wirtschaftsforscher noch rund jedes fünfte Unternehmen der Baubranche von Materialengpässen (19,7 Prozent). „Diese Zahl ist aber in den letzten Monaten rückläufig gewesen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfrage, auf Nachfrage der DHZ. Der Höhepunkt der Problematik zeigte sich in der ifo-Daten im Mai 2022. Damals lag der Wert bei 51,6 Prozent. „Die Engpässe haben sich sozusagen mehr als halbiert. Das sind gute Nachrichten“, erklärt Wohlrabe. Dass es weiterhin aber Engpässe gibt, zeigt die Tatsache, dass der langfristige Durchschnitt bei den Baufirmen eigentlich bei 2,8 Prozent liegt. So seien die Materialengpässe historisch betrachtet immer noch ein großes Problem für viele Unternehmen.

Die aktuellen Engpässe lassen sich den Umfragen zufolge nicht auf bestimmte Materialien eingrenzen. So waren die Angaben auf die Frage, welche Materialien fehlen, auch im Dezember 2022 sehr vielfältig. „Dämmung, Holz und Stahl werden am häufigsten genannt“, sagt Wohlrabe. Dabei gehe es aber meist um spezielle Ausführungen der Materialien, denn Stahl sei beispielsweise per se nicht knapp. „Oft sind die Bauunternehmen auch am Ende eine langen Wertschöpfungskette und wenn es vorher schon Probleme gibt, dann schlägt es auf die Bauunternehmer durch“, so der ifo-Forscher.

Preise für Baumaterial immer noch hoch: Unternehmer müssen Unsicherheiten einkalkulieren

„Grundsätzlich ist alles lieferbar. Die Frage ist jedoch, wie lange es dauert und was die Materialien dann kosten“, fasst auch Franz Xaver Peteranderl die aktuelle Lage zusammen. Er ist Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern und Bauunternehmer aus Garching bei München. Doch genau solche Unsicherheiten müssten die Baufirmen natürlich mit einkalkulieren. „Zusätzliche zeitliche Puffer verteuern das Bauen weiter“, erklärt der Unternehmer. Derzeit sei es oftmals so, dass Betriebe mit dem Bauherrn schon vor Baubeginn festlegen, welche alternativen Produkte verwendet werden dürfen, wenn die gewünschten kurzfristig nicht lieferbar sind – etwa bei der Wärmedämmung.

Dass es keinen generellen Mangel mehr gibt, sondern eher eine spezifische Knappheit bei bestimmten Baustoffen, bestätigt auch der Bundesinnungsverband Tischler Schreiner Deutschland. Dabei sieht Verbandspräsident Thomas Radermacher Bauholz als am geringsten betroffen an. „Als es anfing mit den starken Preisanstiegen und den Knappheiten vor zwei Jahren, war Holz stark im Fokus. Jetzt sind es bei uns nur noch die hohen Preise, die geblieben sind“, sagt er und spricht von einem Preisanstieg zwischen 30 und 40 Prozent im Schnitt. „Bislang hat sich die Hoffnung nicht bestätigt, dass die Preise wieder sinken, auch wenn wir beim Holz quasi alles wieder bekommen.“

Bauholz ist verfügbar – die Engpässe liegen woanders

Bei den Preisen würden sich die gestiegen Energiekosten für die Produktion und den Transport zeigen. Engpässe erlebt seine Branche aktuell vor allem bei elektrischen Bauteilen wie Türöffnern, bei Beschlägen und anderen Teilen aus Metall oder auch bei Rollläden und PVC-Böden. Doch auch diese Baumaterialien sind relevant, damit Arbeiten der Tischler und Schreiner fertiggestellt werden können. „Bei diesen Teilen kommt es noch immer zwischenzeitlich zu verzögerten Lieferungen“, sagt Radermacher. Holz dagegen sei gut verfügbar – egal ob Vollholzmaterial aus Eiche, Fichte oder Kiefer oder auch Plattenware oder Schichtholz.

Zusammenfassend sagt er, dass bislang noch nicht die Situation wieder hergestellt sei wie vor dem Beginn des einst starken Mangels. Aber heute sei schon alles deutlich entspannter. Thomas Radermacher ist optimistisch, dass die Entwicklung so weitergeht und dass sich die Problematik rund um die Materialengpässe wieder normalisiert. „Denn dass mal das ein oder andere Teil nicht lieferbar ist oder sich verspätet, wird es immer geben“, sagt er.

SHK-Handwerk berichtet weiter von fehlendem Baumaterial

Nicht ganz so entspannt sieht es bei den Sanitär- und Heizungshandwerkern aus. Der Konjunkturbericht Winter 2022 zeigt, dass die Lieferproblematik in der SHK-Branche in diesem Winter anhält. Jedoch ist der Anteil der Unternehmen mit Lieferproblemen leicht gesunken. Demnach berichten 89 Prozent der Betriebe über Lieferprobleme bei Großhändlern oder Herstellern. Das seien vor einem Jahr noch etwa fünf Prozent mehr gewesen, so der Zentralverband SHK. Besonders betroffen von der Lieferproblematik seien Heizungsprodukte, die gegenwärtig stark nachgefragt werden. Das sind unter anderem die Produktgruppen „Wärmepumpen“ und „Wärmespeicher“ sowie Steuerungs- und Regelungstechnik.

Mit dieser Problematik, die zwar nur bestimmte Bereiche betrifft, entsteht allerdings ein Nadelöhr, dass oftmals ganze Baustellen zum Erliegen bringt. Zumindest erlebt das Malermeister Dietmar Ahle in Paderborn, der neben seinem Handwerksbetrieb auch eine Handwerkskooperation aus zehn verschiedenen Gewerken leitet. Gemeinsam bieten sie komplette Sanierungs- und Ausbauprojekte an. „Immer wieder müssen wir lange warten, bis Heizungen eingebaut werden können, weil sie ganz oder in Teilen nicht lieferbar sind“, erklärt Ahle. Die große Nachfrage nach Wärmepumpen führe zu starken Verzögerungen. „Ohne Heizung können wir jetzt aber auch mit den meisten anderen Arbeiten nicht weitermachen. Gerade wir als Malerbetrieb sind erst am Ende einer Bauphase dran und müssen warten, bis alles andere fertig ist.“

Baustellenstopp auch wenn nur einzelne Materialien fehlen

Zwar bestätigt auch Dietmar Ahle, dass die generellen Lieferschwierigkeiten vorbei seien und dass sich die stark gestiegenen Kosten ganz besonders bei den Baustoffen noch halten, die energieintensiv in der Herstellung sind. In der Praxis erlebt er aber dennoch keine Entspannung der Lage. „Auch wenn es ‚nur noch‘ an einzelnen Materialien fehlt, sorgt das oftmals für Chaos auf den Baustellen.“ Neben dem Heizungsbereich sind es Baumaterialien aus Kunststoff, bei denen es gerade schwieriger wird. „Im Moment bekommen wir keine Kunststofffenster, denn unserem Fensterbauer fehlt es an einem ganz bestimmten Weichmacher. Und der kommt aus China und ist nicht lieferbar“, sagt der Malermeister. Dieses Problem zeige sich auch bei Haustüren, deren Dämmung meist auch diesen Zusatzstoff benötigt.

Für die Zukunft erkennt der Handwerksunternehmer insofern eine Entspannung der Lage, als dass viele Neubauprojekte wegfallen. „Im Neubau und bei großen Baustellen bricht vieles weg. Die Firmen, die hier normalerweise tätig sind, stehen dann auch für Sanierungen zur Verfügung“, erklärt er und fürchtet dabei keinesfalls die Konkurrenz für seine Firmenkooperation, mit der er meist im Altbau tätig ist. „Dann ist es vielleicht endlich wieder so, dass man Kundenanfragen direkt einplanen kann und nicht unendlich aufschieben muss, da alle Kapazitäten voll sind.“

(vgl. URL: Stand: https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/fast-alles-baumaterial-wieder-verfuegbar-preise-bleiben-hoch-277925/, 20.01.2023)

Über die Berufsbezeichnung „Sachverständiger“

Die Berufsbezeichnung „Sachverständiger“ ist in Deutschland, Liechtenstein und Österreich nicht geschützt. Jeder darf sich „Sachverständiger“ nennen. Die irreführende Verwendung des Begriffs kann als unlauterer Wettbewerb qualifiziert werden.

Es gibt verschiedene Arten von Sachverständigen, u.a.:

  • öffentlich bestellte und vereidigte (ö.b.u.v.) Sachverständige,
  • verbandsanerkannte Sachverständige,
  • zertifizierte Sachverständige / zertifiziertes Sachverständigen – Büro,
  • staatlich anerkannte Sachverständiger,
  • Sachverständige für interne Dienste und
  • freie, selbsternannte Sachverständige.

(vgl. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Sachverst%C3%A4ndiger, Stand: 21.12.2021)

Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen

  • werden nach § 36 GewO zertifiziert,
  • werden vereidigt mit der Eides- oder Bekräftigungsformel, dass ihre Gutachten unparteiisch, unabhängig, gewissenhaft, weisungsfrei und persönlich erstattet werden,
  • können bundesweit tätig werden,
  • haben ihre Sachkenntnis durch Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungskommission (z. B. der Baukammer) nachgewiesen,
  • sind in Gerichtsverfahren bevorzugt zur Gutachtenerstattung heranzuziehen,
  • sind nach § 407 ZPO gesetzlich verpflichtet, Gutachten für Gerichte zu erstatten,
  • sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und machen sich bei einer Verschwiegenheitspflichtverletzung nach § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB strafbar,
  • genießen nach § 132 a Abs. 1 Nr. 3 StGB für die Zeit ihrer öffentlichen Bestellung einen gesetzlich geregelten Bezeichnungsschutz,
  • verlieren ihre öffentliche Bestellung durch Widerruf, wenn sie straffällig werden, gegen den Pflichtenkatalog verstoßen,
  • können von dem Landgericht nach ihrem 70. Lebensjahr für den zuständigen Landgerichtsbezirk vereidigt werden und
  • unterliegen während der Zeit ihrer öffentlichen Bestellung einem umfangreichen Pflichtenkatalog gem. § 407 a ZPO mit entsprechender Kontrolle durch eine Körperschaft öffentlichen Recht

(vgl. Keldungs, K. H., Arbeiter, N.: Leitfaden für Bausachverständige, Rechtsgrundlagen – Gutachten – Haftung, 3., überarbeitete und aktualisierte Auflage, 2011)

Hohe Fehlerkosten im Baugewerbe, trotz sinkender Fehlerquote

Natürlich werden am Bau auch Fehler gemacht. Oft sind Mängel und Schäden praktisch vorprogrammiert. Für das Jahr 2020 wurde zunächst eine leichte Entwarnung hinsichtlich der Fehlerkosten vorausgesagt. Doch nach näherer Betrachtung ist die Fehlerrate doch nicht tolerierbar. Der Klassiker unter den Kostentreibern ist nach wie vor der Kommunikationsmangel. Die dadurch entstehenden Missverständnisse führen zwangsläufig zu einer hohen Fehlerkostenbilanz.

Fehler, Pannen und Verzögerungen gehören zum Alltag der Bauwirtschaft. Doch das führt zu immens hohen Kosten. Im Jahr 2020 sank die Fehlerquote zwar geringfügig, doch mit 18,3 Milliarden Euro ist die Summe immer noch nicht tolerierbar. Zwar gibt es keine offizielle Statistik dazu, doch führt das Marktforschungsinstitut BauInfoConsult seit mehr als zehn Jahren eine Analyse auf Basis einer Branchenbefragung durch. Auf den ersten Blick sehen demnach die Zahlen für das Jahr 2020 gar nicht mal so schlecht aus. Die Bauakteure schätzen die Kosten für Fehler auf 12,8 Prozent des Branchenumsatzes. Das ist zwar hoch, aber im Jahr 2019 lag der Fehlerkostenanteil noch bei 15,4 Prozent. Im Jahr 2018 waren es 14,0 Prozent.

Ergebnis der Fehlerkosten für 2020 nicht tolerierbar

Das Gesamtergebnis für Jahr 2020 ist allerdings nicht zu tolerieren. Denn setzt man den von den Profis am Bau geschätzten Fehlerkostenanteil mit dem vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) auf etwa 143 Milliarden Euro taxierten baugewerblichen Gesamtumsatz ins Verhältnis, entspräche das einer Fehlersumme von immerhin noch 18,3 Milliarden Euro. Zum Fehlerkostenwert aus dem Jahr 2019 gibt es also keine nennenswerte Differenz. Denn der Wert lag damals bei 20,79 Milliarden Euro. Noch deutlicher wird das beim Vergleich mit dem Wert aus dem Jahr 2018. Damals war zwar der Fehlerkostenanteil höher, lag absolut mit einem Wert von 17,78 Milliarden Euro jedoch unter dem Vergleichswert aus dem Jahr 2020.

Fehlerkostenklassiker ist der Kommunikationsmangel

Der Klassiker unter den Fehlerkosten ist immer noch die mangelnde Kommunikation. Dass die Fehlerkostenquote im Jahr 2020 immer noch so hoch war, könnte an den Pandemie-Bedingungen und dem Lockdown liegen. Doch seit Jahren ist die mangelnde Kommunikation und die dadurch entstehenden Missverständnisse bei den Absprachen eine der Hauptgründe für die Fehlerursache. Die größten Fehler hängen nicht mit der Pandemie zusammen. An erster Stelle bei den Problemen steht der Zeitmangel, gefolgt vom Kommunikationskiller. Weitere Ursachen sind die fehlende Koordinationsfähigkeit des Bauleiters und das mangelnde Interesse der beteiligten Gewerke. Das alles treibt die Fehlerkosten in die Höhe.

(vgl.: URL: https://www.meistertipp.de/aktuelles/news/hohe-fehlerkosten-im-baugewerbe-trotz-sinkender-fehlerquote (Stand: 22.01.2022))

Pfusch am Bau – wer übernimmt die Haftung?

Dass auf dem Bau gepfuscht wurde, stellt sich häufig erst nach einer sehr langen Zeit heraus. Es kann mehrere Jahre dauern, bis Schäden, die aus Baumängeln wie beispielsweise durchnässtem Dämmmaterial, perforierten Luftdichtigkeitsbahnen im Dachbereich oder nicht Wärme schützenden Fassaden resultieren, entstehen. Die Konsequenz solcher Schäden ist nicht selten eine Totalsanierung des Gebäudes. In solchen Fällen stellen sich die Betroffenen oftmals die Frage, wer für diese Schäden aufkommen muss.

Was sind die Pflichten eines Architekten?

Als Antwort auf die Frage, wer für die Baumängel haftet, kommt besonders der Architekt in Betracht. Diesem obliegt nicht nur die Ausführungsplanung, sondern auch die Bauüberwachung. Dabei muss er sehr hohe Anforderungen erfüllen. 

Unter anderem wird von ihm erwartet, dass er vieles mangelfrei erbringt und sich mit der Materialbeschaffenheit auskennt. Er muss die unterschiedlichen Reaktionen und auch die Beanspruchungsqualitäten der einzelnen Materialien kennen. 

Ferner ist es die Pflicht des Architekten, alles möglichst genau zu erklären, sodass die Umsetzung des Plans ordnungsgemäß erfolgen kann. 

Letztlich sind wichtige Einzelheiten in einer Detailplanung darzustellen.

Haftet der Architekt für Baumängel?

Solch eine enorme Verantwortung des Architekten löst in der Regel die Haftung für die Baumängel aus. Sowohl Planungsfehler als auch das Fehlen einer Planung stellen im Sinne des Gesetzes einen Mangel dar. Die Beweislast trägt der Architekt. Er muss darlegen, dass die Ausführungen gegenüber dem Unternehmen zielführend, fach- und sachgerecht erfolgt sind. 

Problematisch verhält es sich mit der Frage, in welchen Fällen der Architekt und in welchen der Bauleiter die Haftung übernimmt. Bei der Wärmedämmung oder Feuchtigkeitsisolierung wird eine detaillierte Ausführung vorausgesetzt, da hier nicht deutlich wird, in wessen Verantwortungsbereich diese fallen. Anschlussbereiche, Materialübergänge sowie Materialverträglichkeiten sind entsprechend zu behandeln. 

Aufgrund seiner Pflicht, den Bau zu überwachen, ist er auch für vermeintliche Selbstverständlichkeiten bei der Realisierung verantwortlich.

Die Haftung des Architekten kann in den Fällen entfallen, in denen die Überwachungstätigkeit nachgewiesen wird und die hohen Anforderungen tatsächlich erfüllt sind.

Gibt es aktuelle Beispiele, in denen der Architekt für Baumängel haftet?

Bei dieser Thematik handelt es sich nicht um einen Einzelfall. 

Am 28.01.2021 hat das Oberlandesgericht Hamm über einen derartigen Fall entschieden. Vorliegend forderte die Architektin von ihrem Auftraggeber die Zahlung des ausstehenden Honorars. Durch Baumängel, die aus einer mangelhaft ausgeführten Bauüberwachung sowie Planungsfehlern resultierten, konnte der Auftraggeber jedoch aufrechnen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 09.07.2019 stellt ein weiteres Beispiel für solche Fälle dar. Das Gericht musste vorliegend über eine vermeintliche Selbstverständlichkeit entschieden. Auch hier haftete der Architekt für die Baumängel, da er den Bau nicht ordnungsgemäß überwachte.

(vgl. URL: https://www.anwalt.de/rechtstipps/pfusch-am-bau-wer-uebernimmt-die-haftung-191906.html, Stand: 21.12.2021)

Kontinuierlicher Anstieg bei den Bauschäden

Laut dem Bauherren-Schutzbund ist seit 2009 ein kontinuierlicher Anstieg bei den Bauschäden zu beobachten. Besonders mangelbehaftet seien demnach Dächer, Decken, Fußböden und Wände sowie die Haustechnik. Die vorherrschenden Schadensbilder: eindringende Feuchtigkeit, eine nicht vorschriftsmäßige Ausführung, Maßfehler, Risse sowie falsche Abdichtungen.

Verantwortlich für die Bauschäden sind laut dem vom Institut für Bauforschung im Auftrag des Bauherren-Schutzbundes erstellten Bericht vor allem drei Dinge: die hohe Marktauslastung, der Mangel an qualifiziertem Personal und eine unzureichende Planung. Der Tipp des Vereins daher: Kurzfristig könne der Verbraucher teure Bauschäden nur mit einer baubegleitenden Qualitätskontrolle vorbeugen. Langfristig müssten die Unternehmen deutlich mehr in die Qualifikation ihrer Mitarbeiter investieren und Fachplaner hinzuziehen.